Die letzten Tage bringen uns extrem futuristische Vorstellungen wie sich Handel und Logistik verändern sollen – man liest von 3D Druckern, Drohnen und Robotern. In der Presse stelle ich deutliche Unterschiede zur amerikanischen Berichterstattung und der deutschen fest. In unseren Breitengraden werden die visionären Ideen vielfach ins Lächerliche gezogen, wie dieser Beitrag des Postillon zeigt:
Amazon plant, Pakete mit riesigen Kanonen direkt vor die Haustür zu schießen
Der Online-Versandhändler Amazon will Pakete schon bald mit riesigen Kanonen direkt zu seinen Kunden schießen. Beim sogenannten “Amazon Howitzer Express” (gegen einen geringen Aufpreis) müssen statt der Adresse lediglich die genauen Geo-Koordinaten des Empfängers eingegeben werden. Nur wenige Minuten später signalisiert ein dumpfer Schlag gegen die Haustür, dass die Bestellung angekommen ist. […]
Werden Passanten, Hausierer oder Besucher von eintreffenden Paketen verletzt, haftet der Empfänger. Er hat nach seiner Bestellung dafür zu sorgen, dass seine Haustür bis zum Erhalt der Ware freigehalten wird.
Eine etwas ernstere Meldung kommt dazu von der Süddeutschen Zeitung – sehen Sie hier ein Video zu den Amazon Drohnen:
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Binnen 30 Minuten sollen unbemannte Fluggeräte die bestellte Ware direkt vor der Tür ablegen. “Prime Air” nennt Amazon-Gründer Jeff Bezos den futuristischen Service, den sein Unternehmen plant.
Ich schlage vor Sie betrachten das Original Gespräch mit Jeff Bezos in der Sendung 60 Minutes und bilden sich ein eigenes Urteil:
Dass Amazon das Ganze nicht als Witz ansieht, zeigt übrigens diese Landingpage zu Amazon Prime Air.
Warum ich das hier so ausbreite? Es wäre ein Trugschluss Amazon hier nur einen Promo-Gag, kurz vor Weihnachten zu unterstellen. Wann und ob die Drohnen nun kommen, sei mal dahin gestellt. Klar ist:
2 Ziele werden für Jeff Bezos immer an oberster Stelle stehen:
- wir sind das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt – und wenn der Kunde eine Same-Day-Delivery Belieferung (vielleicht ja auch eine Expresslieferung in wenigen Stunden) wünscht, dann machen wir das!
- wir stehen für visionäre Geschäftsmodelle und sind bereit die Ressourcen dafür einzusetzen, egal wie viel diese kosten!
Zu guter letzt ist hier auch der Aspekt der Autarkie nicht zu vernachlässigen – Drohnen fliegen von selbst. Da brauche ich keinen Logistikpartner mehr, der für mich diese Prozesse abwickelt und hohe Kosten verursacht. Zudem handelt es sich um Maschinen, die nicht nach Tarifvertrag, Tageszeit oder Wochentag bezahlt werden müssen.
Next Big Thing at Google: Robots
Die Vorstellung der Paket fliegenden Amazon Drohnen wird seit gestern noch von den geplanten Google Robotern getoppt.
John Markoff berichtet in der New York Times:
Google executives acknowledge that robotic vision is a “moonshot.” But it appears to be more realistic than Amazon’s proposed drone delivery service […]
Over the last half-year, Google has quietly acquired seven technology companies in an effort to create a new generation of robots. And the engineer heading the effort is Andy Rubin, the man who built Google’s Android software into the world’s dominant force in smartphones. […]
Among the companies are Schaft, a small team of Japanese roboticists who recently left Tokyo University to develop a humanoid robot, and Industrial Perception, a start-up here that has developed computer vision systems and robot arms for loading and unloading trucks. Also acquired were Meka and Redwood Robotics, makers of humanoid robots and robot arms in San Francisco, and Bot & Dolly, a maker of robotic camera systems that were recently used to create special effects in the movie “Gravity.” A related firm, Autofuss, which focuses on advertising and design, and Holomni, a small design firm that makes high-tech wheels, were acquired as well.
The seven companies are capable of creating technologies needed to build a mobile, dexterous robot.
Das bekannte Tech-Blog Mashable sieht hier eine eindeutige Reaktion auf Amazon:
In recent months, Google has taken steps to compete with Amazon to become more of a shopping destination with revisions to its Google Shopping portal and the test launch of a same-day delivery service, Google Shopping Express.
Und stellt auch die Frage, was eher wahrscheinlich ist:
Which is more absurd: having a robot step out of a self-driving car to deliver your package or a bunch of tiny drones flying through your neighborhood to do the same?
Die Kollegen von t3n weisen darauf hin, dass es nicht der erste Gehversuch von Google im Bereich autonomer Mobilität und Robotertechnik ist:
Genau genommen ist es nicht Googles erster Vorstoß in diesen Bereich. Bereits seit 2009 entwickelt der Konzern selbstfahrende Autos. Ein Projekt, das bereits sehr weit fortgeschritten ist. Eine Kombination beider Projekte im Sinne von selbstfahrenden und selbstladenden LKWs wäre eine vermutlich größere Revolution im Logistikwesen, als es die gerade von Amazon angekündigten Lieferdrohnen wären.
Als kurze Randnotiz wäre hier zu erwähnen, dass Bestrebungen das Same-Delivery Prinzip noch erheblich zu verkürzen nicht nur in den USA, von den großen Playern der Branche, angestrebt werden, sondern z.B. auch ein Berliner Start-Up mit einem 90 Minuten Liefer Anspruch wirbt. Mehr dazu finden Sie bei deutsche-startups.de.
Interessant ist dabei der Anspruch, alle Bestellungen “innerhalb des Stadtgebiets binnen 90 Minuten” auszuliefern. Eigene und fremde Kuriere sollen die Waren, in der Regel “lokal verfügbare und sofort lieferbare Produkte” in Windeseile an die Kunden zustellen. Im gesamten Konzept will MyLande viele Aufgaben automatisiert übernehmen – darunter Bestell- und Zahlungsabwicklung sowie Logistik und dem Retourenmanagement.
Übrigens wäre hier zu erwähnen, dass Amazon seit März 2012 Kiva Systems übernommen hat und mittlerweile hunderte Lagerroboter in seinen Warehouses einsetzt.
Will 3D Printing Change Everything?
Seit Anbeginn der Zeit war das Grundprinzip des Handels, dass ich mich an einen Point of Sale bewege, um ein Produkt zu erwerben. Mittlerweile weicht der Begriff Point of Sale auf und wir reden von Touchpoints. Immer mehr Waren und Dienstleistungen werden “digital” erbracht – ich muss die eigenen 4 Wände nicht mehr verlassen, um z.B. Musik, Spiele, uvm. zu konsumieren. Aus Science Fiction Serien, wie Star Trek, kennen wir Replikatoren, die gewünschte Gebrauchsartikel, ja sogar Essen, einfach “erzeugen” – wo und wann sie gerade gebracht werden. Könnte es sein, dass wir von dieser Fiktion gar nicht mehr so weit entfernt sind? Eine Antwort darauf liefert dieses Video:
Logistik und Handel 3.0
Hier einige Thesen, die Sie gerne in den Kommentaren mit mir diskutieren können:
- alle Bestrebungen in der Logistik zielen auf eine stärkere Automatisierung und Technisierung ab
- auch in der Logistik werden Menschen zunehmend durch Maschinen und Roboter ersetzt
- voll automatische, computergesteuerte Fahrzeuge (egal ob zu Lande, in der Luft oder am Boden) werden kommen – es ist nur eine Frage der Zeit
- 3D Printing steckt zwar noch in den Kinderschuhen, wird aber für umwälzende Veränderungen sorgen, die derzeit noch gar nicht abzusehen sind