Das Siegel “Made in Germany” gilt seit Jahrzehnten weltweit als Synonym für Qualität – und das, obwohl der von den Briten eingeführte Schriftzug für deutsche Produkte ursprünglich eher als Warnung gedacht war. Egal, ob Stahl, Autos oder Pharmazieprodukte: Deutsche Unternehmen sind mit ihren hochwertigen Waren erfolgreich. Aber auch abseits dieser klassischen Produktlinien stehen deutsche Firmen für Qualität und Erfolg: Ein Beispiel dafür ist die elektronische Unterhaltungsbranche.
Goldgräberstimmung in der Videospielbranche
Dass diese Branche auch in Deutschland immer wichtiger wird, war zuletzt wieder im Rahmen der Gamescom in Köln zu sehen, die mittlerweile die wichtigste Publikumsmesse für Videospiele weltweit ist. Mehr als 350.000 Fach- und Privatbesucher interessierten sich in der letzten Augustwoche für die neuen Produkte und Dienstleistungen, die mehr als 900 Aussteller in den Messehallen präsentierten. Bundeskanzlerin Angela Merkel höchstpersönlich eröffnete die Messe – dabei bezeichnete sie Computerspiele als Kulturgut und versprach mehr staatliche Förderung für inländische Entwicklungsstudios. Denkt man zurück an die Killerspieldebatte, die Anfang der 2000er-Jahre der exklusive Berührungspunkt zwischen Politik und Spielebranche war, sind das ziemlich überraschende Töne.
Bildrechte: Flickr Eröffnung der Gamescom 2017 Marco Verch CC BY 2.0 Bestimmte Rechte vorbehalten
Dieser Stimmungswechsel ist unter anderem darin begründet, dass Videospiele längst kein Nischenprodukt mehr sind und stattdessen als Wirtschaftsfaktor stetig an Bedeutung gewinnen: Allein im ersten Halbjahr 2017 stiegen die mit Videospielen und Zubehör erzielten Umsätze um 11 % auf ein Volumen von über einer Milliarde Euro.
Drei wichtige deutsche Standorte
Einen großen Anteil machen dabei Handy-Spiele aus. Die meisten dieser auf einem handelsüblichen Smartphone spielbaren Titel sind kostenlos auf Plattformen wie browsergames.de zu haben. Gewinne werden dabei meist über kostenpflichtige Zusatzinhalte generiert – in diesem Bereich betrug die Umsatzsteigerung innerhalb der ersten Jahreshälfte satte 26 %. Dieses lukrative Geschäftsfeld ist auch für Startups vielversprechend: Der benötigte Entwicklungsaufwand für derartige mobile Games ist weitaus geringer als bei Großproduktionen für Spielekonsolen oder PCs vom Schlage eines “GTA 5” oder “Destiny 2”, wo die Kosten für Personal, Produktion und Marketing mittlerweile im dreistelligen Millionenbereich liegen. Spiele im App-Format lassen sich für einen Bruchteil davon realisieren – Aufwand und Risiko sind somit deutlich geringer.
Als bevorzugte Standorte für Entwickler in Deutschland hat sich das Trio Frankfurt, Hamburg und Berlin herauskristallisiert – dort konzentrieren sich 90 % aller Jobs in der Branche. Entwicklungsstudios in der Gründungsphase tun demnach gut daran, einen dieser Standorte für ihre Unternehmung auszuwählen, um bestmögliche Chancen auf versierte Fachkräfte und eventuelle Kooperationen mit anderen Marktteilnehmern zu haben.
Trotz der explosionsartig ansteigenden Umsätze innerhalb der Branche ist die Spieleentwicklung jedoch kein Selbstläufer – mehrere große deutsche Entwickler mussten in der jüngeren Vergangenheit Personal reduzieren, um wirtschaftlich bleiben zu können. Der Markt wächst zwar, wird aber von ausländischen Unternehmen wie dem chinesischen Internetriesen Tencent dominiert. Auch deswegen ist eine verbesserte Förderung der Branche nicht nur wünschenswert, sondern absolut notwendig. Immerhin ist das Versprechen dafür schon einmal gemacht.