Beim Deutschen Innovationspreis 2014 ist die OTTO-Einzelgesellschaft am 4. April als Sieger der Kategorie Großunternehmen gekürt worden. Die Anwendung und Integration der Software „Predictive Analytics“ im gesamten Produktlebenszyklus sei ein hervorragendes Beispiel für ein erfolgreiches Big-Data-Projekt aus Deutschland, resümierte die Jury vor 350 geladenen Gästen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
OTTO weiß, was morgen gekauft wird
Mithilfe der Software „Predictive Analytics”, die das Beteiligungsunternehmen Blue Yonder entwickelt hat, kann der Hamburger Onlinehändler das Einkaufsverhalten seiner Kunden immer genauer prognostizieren. Bis zu zehn Wochen im Voraus lässt sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent vorhersagen, wie oft beispielsweise ein bestimmtes Kleid in einer bestimmten Kalenderwoche bestellt werden wird. Das selbstlernende System erstellt Hochrechnungen aus personenunabhängigen Daten und kommt bei OTTO bereits in der Planung, Prognose, Abverkaufs-Optimierung und im Retourenmanagement zum Einsatz. Auch im Bereich Trenderkennung soll die Software in Zukunft eingesetzt werden.
„Unternehmen, die die wachsende Datenflut von Computernetzwerken intelligent auswerten, schaffen sich einen strategischen Vorteil“, sagt Frank Riemensperger, Deutschland-Chef der Unternehmensberatung Accenture. „Die Prognose-Software der Otto Group zeigt vorbildlich, wie Big Data Geschäftsprozesse viel effizienter und produktiver macht.“
Die Wirtschaftswoche führt weiter zu der Predictive Analytics Software aus:
Rund 200 Variablen fließen in die Berechnung ein, etwa die Verkaufszahlen des Vorjahres, aktuelle Werbekampagnen für das Produkt oder gar die Wettervorhersage: Scheint in der nächsten Woche die Sonne, dann wird der Absatz von Sommerkleidern steigen. Regnet es, sinken die Absatzzahlen. Rund um die Uhr füttern die Mitarbeiter das System mit neuen Informationen.
„Die Software ist ein selbstlernendes System, das sich laufend aktualisiert“, sagt Michael Sinn, Direktor Category Support bei Otto. Server mit der Rechenkraft von 250 Schreibtischcomputern erstellen auf diese Weise fünf Milliarden Prognosen im Jahr. „Unsere Disponenten bekommen jeden Morgen frische Prognosen auf den Bildschirm“, sagt Sinn.
Dr. Michael Heller, Bereichsvorstand Categories OTTO, der den Preis am Freitagabend beim Galadinner im Bayerischen Hof in München entgegennahm:
„Wir freuen uns sehr darüber, dass die Jury das große Potenzial der Technologie erkannt hat. Die Software reduziert Restbestände und erhöht gleichzeitig die Lieferbereitschaft, was uns neben besseren betriebswirtschaftlichen Ergebnissen auch eine höhere Kundenzufriedenheit beschert. Nicht zuletzt leistet eine präzisere Disposition auch einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung”.
OTTO hatte bereits im Jahr 2006 erkannt, wie radikal das Internet den Handel verändert und dass herkömmliche Prognoseverfahren der zunehmenden Komplexität des Geschäftsmodells auf Dauer nicht mehr gerecht werden. Auf die Evaluierung verschiedenster Anbieter folgte die Entscheidung für den Neurobayes-Algorithmus aus der experimentellen Kernphysik, der sich auf betriebswirtschaftliche Fragestellungen übertragen ließ. 2008 wurde das Beteiligungsunternehmen Blue Yonder gegründet, das heute der führende Anbieter für Predictive Analytics im europäischen Markt ist.
Der Deutsche Innovationspreis ist eine Initiative von Accenture, EnBW, Evonik und der WirtschaftsWoche. Unter der Schirmherrschaft des Bundeministeriums für Wirtschaft und Energie wurde er in diesem Jahr zum fünften Mal an Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland verliehen. OTTO konnte sich in der Kategorie Großunternehmen gegen die Deutsche Telekom und Karl Storz durchsetzen. Auch mittelständische Unternehmen und Start-ups wurden für ihre Innovationskraft prämiert. Hier die weiteren Sieger:
Kategorie mittelständische Unternehmen
Actuator Solutions GmbH für die Entwicklung und Herstellung der „SMA-Aktuatoren“, die aus sogenannten Form-Gedächtnis-Legierungen bestehen (englisch: Shape Memmory Alloy, kurz SMA). Durch ihre spezielle Metall-Legierung verändern die Einheiten verlässlich ihre Struktur, wenn sie elektronisch angesteuert werden. SMA-Aktuatoren werden u.a. für die Steuerung von Minikameras in Smartphones eingesetzt. Gegenüber anderen Antriebsarten haben sie große Wettbewerbsvorteile, da sie keine elektromagnetischen Störsignale senden und besonders klein, leicht und geräuschlos sind.
Kategorie Start-Ups
iThera Medical GmbH für den Scanner „MSOT – Multispektrale Optoakustische Tomografie“, der den fotoakustischen Effekt nutzt, um anatomische, funktionale und molekulare Informationen von lebendem Gewebe darzustellen. Im Unterschied zu optischen Bildgebungsverfahren, kann das Gerät auch hochauflösende 3D-Bilder aus tiefen Gewebeschichten erstellen und wird gegenwärtig v.a. in der Wirkstoffforschung eingesetzt.