In Fortsetzung meines Artikel zu KPIs im Marketing folgt ein Business Analytics Deep Dive zur Kohortenanalyse. Was sind Kohorten-Effekte und wo finden Sie im E-Commerce und Vertrieb Anwendung?
Kohortenanalyse im Online Marketing
Bei einer Kohortenanalyse werden auf Basis gemeinsamer Attribute, wie dem Akquisezeitpunkt, Nutzergruppen zusammengefasst und das Kundenverhalten, sowie das Kaufverhalten untersucht. Ein Aquisezeitpunkt bezeichnet den konkreten Zeitpunkt, an dem ein Unternehmen oder eine Person aktiv versucht, Neukunden zu gewinnen oder neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen. Der Akquisationszeitpunkt kann je nach Kontext unterschiedlich sein und kann beispielsweise den Beginn einer Verkaufskampagne, den Erstkauf eines neuen Produkts oder den Zeitpunkt einer gezielten Marketingaktion umfassen.
Eine Kohorte stellt somit eine Personengruppe von Nutzern, Website-Besuchern, Kunden dar, mit gemeinsamen Eigenschaften. Der Begriff entstammt dem lateinischen „cohors“ und bedeutete ursprünglich: Hof, eingeschlossener Haufen, Schar. In der Soziologie, Demographie und Statistik sind Kohorten Personengruppen, die gemeinsam ein bestimmtes längerfristig prägendes Ereignis erlebt haben. Prinzipiell wird zwischen einer Längsschnittuntersuchung, einer Zeitreihenuntersuchung und einer Querschnittsuntersuchung unterschieden.
Mögliche Anwendung und Fragestellungen:
- Wie reagieren die Nutzer auf E-Mail Marketingkampagnen?
- Kundenverhalten: Wie verändert sich das Verhalten der Nutzer, bezogen auf deren Akquisezeitpunkt, im Lauf von Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren?
- Erhöhen Sie das Marketingbudget genau zum richtigen Zeitpunkt im Kundenlebenszyklus.
- Erkennen Sie, wann eine Testphase oder ein Angebot beendet werden sollte, um den Wert zu maximieren.
- Usability und Website-Optimierung: Die Wirkung von A/B Tests kann auch mit Hilfe der Kohorten verglichen werden.
Kohortenanalyse ist also eine besondere Form der Behavorial Analytics (Verhaltensuntersuchung). Vergleicht man in der Demographie verschiedene Geburtenjahrgänge, Altersgruppen oder Abschlussklassen, so interessiert im Marketing und E-Commerce, das erste Interaktionsdatum, der Erstkauf als Beginn einer jeweiligen Kohorte.
- Was passiert nach X Tagen, Wochen, Monaten nach einem App Download?
- Wie verhalten sich meine Kunden nach x Monaten und Jahren?
Interessante Mehrwerte kurz gefasst
- Seitenaufrufe pro Nutzer
- Sitzungen pro Nutzer
- Sitzungsdauer pro Nutzer
- Transaktionen pro Nutzer
- Umsatz pro Nutzer
Kohorteneffekte im E-Commerce
Der Begriff “Kohorteneffekte” wird verwendet, um das spezifische Verhalten einer Gruppe von Personen, die als Kohorte bezeichnet werden, zu beschreiben. So lassen sich Verhaltensunterschiede mit Hilfe der Kohortenanalyse identifizieren.
- Alterseffekt: Im Zuge einer Kohortenanalyse können oft auch Altersunterschiede festgestellt werden. Dabei handelt es sich um Veränderungen in den Verhaltensweisen, die auf das fortgeschrittene Alter der Verbraucher und die damit einhergehenden Lebensanschauungen zurückzuführen sind.
- Periodeneffekt: Periodeneffekte beziehen sich auf Einflüsse, die unabhängig von Generationen und soziodemografischen Faktoren auftreten.
Im Onlinehandel oder auch allgemein im Vertrieb sind Kohorteneffekte ebenfalls eine wichtige Betrachtungsweise. Sie beantworten Fragen, wie
- Wie verhalten sich Neukunden im Vergleich zu Bestandskunden?
- Sind regionale Trends zu erkennen?
- Wann sind gute Zeitpunkte im Jahresverlauf, um bestimmte Marketing- und Vertriebsaktionen durchzuführen
- Ableitung der Retention Rate: Wie viel der ursprünglich gewonnen Kunden sind nach Zeitpunkt X noch aktiv? Bei Unternehmen mit Abogeschäftsmodell sind das schlicht die Kunden mit noch aktivem Abonnement.
Kohortenanalyse zur Verbesserung der Kundenbeziehung
Daraus ergeben sich Ableitungen in zwei Richtungen:
- Produkt Lebenszyklus (product lifetime): Wie entwickelt sich die Nutzung der Produkte im Lauf der Zeit? Kommen die Kunden von Anfang zurecht? Nimmt die Nutzung im Lauf der Zeit ab? Braucht es vielleicht ein besseres Onboarding, Unterstützung und Anleitung nach dem Kauf?
- Kunden Lebensyzklus (user oder customer lifetime): Wie entwickelt sich die langfristige Kundenbeziehung? Wie lange bleiben sie aktive Kunden? Wann wird ein kritischer Zeitpunkt erreicht, an dem sie inaktiv werden?
Konkrete Beispiele aus dem Domain Management
Da ich über viele Jahre im Account-Management und Vertrieb im Bereich Corporate Domain Management tätig war, hier einige Beispiele aus dieser Branche zum Einsatz von Kohortenanalysen:
- Vergleich des Customer Lifetime Value verschiedener Kundengruppen, wie Privatkunden, Prosumer (Blogger, Sidepreneure, KMU, etc.) und Corporates (Mittelstand und Großunternehmen).
- Kunden-Lebenszyklus: Wie entwickeln sich Kunden im Lauf der Zeit? Von der Akquise, dem Transfer, hin zu Konsolidierung und Portfolio Optimierung.
- Anteil der aktiv und nicht aktiv genutzten Domains, bzw. wann kommen registrierte Domains in die aktive Nutzung.
- Verlängerungsrate von Domains, die im Rahmen von Preisaktionen gekauft wurden. Hier ist häufig zu beobachten, dass eine hohe Relation zur Nutzung besteht. D.h. nicht genutzte Domains haben natürlich ein wesentlich höheres Risiko bei einem Preissprung vor der nächsten Verlängerung gekündigt zu werden.
- Wie beeinflusst die Nutzung von Zusatzprodukten, wie Hosting, E-Mail, SSL Zertifikaten den Customer Lifetime und allgemein die Nutzerbindung?
- Welche Maßnahmen tragen ganz allgemein zu einer erhöhten Nutzerbindung bei? Hierunter fällt auch Support, Kundenbetreuung, Benefits und weitere Mehrwerte.
Vorgehen bei der Kohortenanalyse
Wie bei jedem Business Analytics Thema gilt es die Frage zu beantworten: Was soll eigentlich gemessen werden? Welche Frage wollen wir mit den ermittelten Metriken und Daten beantworten?
Welche Kohorten wollen wir betrachten? Legt man die Kohorten verschiedener Wochen zugrunde, müssen immer zum Stichtag, z.B. jeden Montag, die Angaben gesammelt und statistisch ausgewertet werden.
Was sind die Metriken und Kennzahlen, die berücksichtigt werden? Inflow / Outflow. App Downloads. Etc.
Quelle der Daten – hier geht es meist um die Technik. Woher bekommen wir die Daten, wie werden sie erhoben? Im Onlinebereich sind das Webanalyse Tools, wie Google Analytics und andere.
Visualisierung und Auswertung: Mit welchem Business Analytics Tool wird gearbeitet, um die Ergebnisse darzustellen und auszuwerten. Angefangen von Excel kann die Reise bis hin zu Tableau, PowerBI und anderen Business Intelligence Dashboards gehen.