Simon Unge, einer der wichtigsten und bekanntesten YouTuber, hat mit einem Video, in dem er die Schließung seiner beiden Kanäle ungespielt und ungefilmt bekannt gibt, einen reinrassigen Shitstorm gegen das YouTube Netzwerk Mediakraft ausgelöst.
Die schwerste Entscheidung meines Lebens. #Freiheit
https://www.youtube.com/watch?v=z_SdbC1aThU
Seit gestern fast 600.000 Aufrufe.
Worum geht es?
Unge erreicht mit seinen beiden Kanälen rund 30 Millionen Klicks im Monat. Was ihm ein beträchtliches Einkommen beschert. ungespielt hat aktuell 1,4 Millionen Abonnenten. Ungefilmt 830.000. Gut möglich, dass es vor dem Video noch einige mehr waren.
Unge spricht in dem Video an, dass er persönlich nie den Nutzen eines Netzwerkes erfahren habe, sondern ihm vielmehr das Leben und somit seine Arbeit eher noch erschwert wurde. Eigentlich arbeiten solche YouTube Netzwerke wie Plattenlabels. D.h. Sie unterstützen die Künstler im Aufbau von Reichweite, der Vermarktung, der Erzielung von Einnahmen, Generierung und Pflege von Werbepartnerbeziehungen und vieles mehr.
LeFloid, der ebenfalls bei Mediakraft unter Vertrag war, hat sich im Vice Interview wie folgt dazu geäußert:
Netzwerke sind im Ursprünglichen mal diejenigen gewesen, die gesagt haben: Wir bringen euch zusammen und bieten euch einen Pool—beispielsweise auch an Sound- und Videoclips—aus dem ihr schöpfen könnt. Im Prinzip sollten sie eine Spielwiese für kreativen Austausch sein. Bei mir war es im Endeffekt irgendwann so weit, dass ich erkannt habe, dass ein Netzwerk nicht mehr als ein hart gewinnorientiertes Unternehmen ist, das auch nicht mal zwangsweise daran interessiert ist, die kleinen YouTuber zu unterstützen und zu promoten, sondern die Großen noch größer zu pumpen was mediale Aufmerksamkeit betrifft, um den eigenen Netzwerk-Wert zu erhöhen. Studio71 hat Gronkh und Mediakraft hat Y-Titty und das wird immer ein Schwanzvergleich bleiben. Schade eigentlich.
Gegenüber Online Marketing Rockstars sprach LeFloid von einer sechsmonatigen Kündigungsfrist. Dort heißt es weiter:
Bis zu deren Auslaufen werde er seinen Vertrag erfüllen. Dreckige Wäsche wolle er nicht waschen: „Die Wege sind einfach mit der Zeit auseinander gegangen. Als ich zu Mediakraft gekommen bin, bestand das Netzwerk vielleicht aus 20 Youtubern. Irgendwann sieht man sich dann um und stellt fest, dass man sich in einem riesigen Gebilde befindet – da sieht man dann auch nicht mehr unbedingt einen Zusammengehörigkeitsgedanken“, so der 27-Jährige. Heute gehe es „nur noch um das Hin- und Herschieben von Zahlen“.
Als konkretes Beispiel für die mangelnde Unterstützung nennt Simon Unge die Longboard Tour. Ausgehend von Sylt war er mit einigen Freunden auf dem Longboard 1.400km bis Schloss Neuschwanstein unterwegs. 30 bis 50 Kilometer Wegstrecke konnten pro Tag zurück gelegt werden und natürlich berichtete jeder fleissig auf seinem YouTube Kanal über die Aktion. Da für Übernachtungen und die Organisation natürlich auch Kosten entstehen sollte ein Sponsor gesucht werden, was letztlich alleine bewerkstelligt werden musste. Eine Zusage von Mediakraft, die erst nach Beginn der Tour erfolgte, wurde nicht eingehalten – von dem Netzwerk sei nie Geld für die Unterstützung der Longboard Tour geflossen.
Simon Unge befindet sich laut eigener Aussage schon seit Monaten im Rechtsstreit mit Mediakraft. Bereits im Juli wies er erstmals auf Schwierigkeiten hin, wie bei lets-plays.de zu lesen ist. Als Konsequenz aus der Schließung seiner bisherigen Kanäle hat er einen neuen gegründet, der trotz noch nicht vorhandener Inhalte bereits über 360.000 Abonnenten aufweisen kann. youtube.com/user/unge
Verein 301+ besinnt sich auf die Ursprünge
Den zunehmenden Wunsch der YouTuber nach Eigenständigkeit und Rückbesinnung auf die Ursprünge zeigen auch erste kleine Initiativen, wie der Verein 301+. Ausführlich über die 301er und die Emanzipation von großen Netzwerken hat auch Stefan Niggemeier für die Krautreporter geschrieben.
Die Szene der Youtuber wächst gerade wie blöd. Große Unternehmen, teils mit Millionen im Rücken, versuchen von dem Boom zu profitieren und heizen ihn weiter an. Sie vermarkten und vernetzen die einzelnen Videoblogger, helfen ihnen, ihr Publikum zu vergrößern und Geld zu verdienen. Worum es ihnen geht, formuliert Christoph Krachten, Präsident des größten Netzwerkes Mediakraft, in erstaunlicher Klarheit: „Wachstum, Wachstum, Wachstum!“
Die 15 Freunde von „301+“ eint der Gedanke, dass das nicht alles sein kann. Und die Sorge, dass bei dem Tempo und der Art des Wachstums gerade das auf der Strecke bleiben könnte, was den Reiz des Mediums eigentlich ausmacht. „Alles, was ich an Youtube immer propagiert habe, warum es so geil ist, dass ich mein eigener Herr über alles bin – das verkommt langsam“, sagt Flo. „Uns verbindet die Sorge um den guten Content und die Community.“
Mehr dazu findet man hier: 301plus.berlin.
Einige Zahlen zu Mediakraft Networks
- Im Juli zweite Finanzierungsrunde mit 16,5 Millionen Euro Investition
- Legt man branchenübliche Größenordnungen für Series B Finanzierungen zugrunde, dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, dass die neuen Investoren für ihre Kapitalspritze von 16,5 Millionen Euro insgesamt in etwa 25 Prozent der Anteile an Mediakraft erhalten haben. Wenn das zutrifft, bewegt sich die aktuelle Bewertung des führenden deutschen Youtube-Netzwerkes nach dem Investment also im Bereich von ca. 70 Millionen Euro. (Online Marketing Rockstars)
- Das Netzwerk mit Büros in München, Köln, Berlin, Hamburg, Amsterdam, Warschau und Istanbul kommt nach eigenen Angaben auf monatlich 16 Millionen einzelne Zuschauer. (Gründerszene‘)
- Laut der Wired Ausgabe Dezember / Januar 2015 hat Mediakraft 2600 sogenannte Creators, 2100 davon im Talents-Pool, der Kanäle mit noch geringer Reichweite sammelt, unter Vertrag.
In Folge des mit dem Hashtag #Freiheit versehenen Shitstorms hat Mediakraft sowohl seine Webseite, als auch die Facebook Seite, vom Netz genommen. Eine Stellungnahme gegenüber der Presse wurde für heute Mittag angekündigt.
#Freiheit gehört mittlerweile zu den Twitter Trends, was die hohe öffentliche Aufmerksamkeit und #Followerpower widerspiegelt.
https://twitter.com/TTMobile_world/status/546657457024802816
Die 5 größten deutschen YouTube Netzwerke
In der genannten Wired Printausgabe (Seite 82) werden die 5 größten deutschen Netzwerke aufgezählt:
- Mediakraft Networks. Mit bekannten YouTube Stars wie Y-Titty, Daaruum, Die Lochis
- Allyance Germany entstanden aus dem Kanal der Zeitschrift Gamestar ist es heute das größte Gamer Netzwerk mit über 100 Millionen Views im Monat.
- Tube One Networks erreicht monatlich ca. 150 Millionen Views.
- Studio71 entstand als hauseigenes Netzwerk von ProSiebenSat.1 und vermarktet Sender eigene Kanäle diverser TV Formate, wie Switch und taff, aber auch bekannte YouTube Stars wie Gronkh
- Endemol Beyond erreicht 350 Millionen Views im Monat
Bildquelle: Das Vorschaubild wurde dem Facebook Profil von Simon Unge entnommen.
Letzte Aktualisierung: 20:22:44 – 2014-12-21
Update: 20.00 Uhr
Mittlerweile gibt es ein offizielles Statement von Mediakraft auf Facebook, das wir hier in voller Länge wiedergeben wollen.
Der Videomacher Simon Unge, auf YouTube bekannt als „Ungespielt“, hat mit uns eine juristische Auseinandersetzung begonnen. Das bedauern wir sehr. Wir hätten uns gewünscht, diesen Streit auf andere Weise beilegen zu können.
Vor gut einem Jahr haben wir uns auf eine Zusammenarbeit geeinigt, mit klaren Vertragsregeln, die keine Fragen offen lassen. Wir halten uns daran und sind deswegen begeistert, dass wir zu einer Steigerung der Reichweite von rund zwölf Millionen auf bis zu 30 Millionen monatliche Videoabrufe und zu einem Zuwachs von einer Million Abonnenten seit Beginn der Partnerschaft aktiv beigetragen haben. Nun ist es so, dass Simon Unge einen gültigen Vertrag unterschrieben hat, der nicht einseitig aufgehoben werden kann.
Viele Leistungen, die wir Simon Unge angeboten haben (Zahlung sämtlicher Leistungen für den Besuch bei der VidCon in den USA, Finanzierung eines Roadtrip durch Europa mit befreundeten YouTubern, Hilfe bei der Organisation der Longboardtour) hat er ausgeschlagen.
Darüber hinaus ist es falsch, dass Mediakraft Networks “Ungespielt” bei der Longboardtour nicht unterstützt haben soll. Er hat ein Product Placement in fünfstelliger Höhe angeboten bekommen. Dennoch hat er – nicht vertragsgemäß – ein Vermarktungsangebot eines Wettbewerbers von Mediakraft angenommen.
Eine gleichzeitige Vermarktung über Dritte schließen wir nicht aus – sie muss aber in Absprache mit uns erfolgen und geregelt werden. Und das ist bei Simon Unge nicht passiert. Damit schädigt er das gesamte Netzwerk mit allen Mitarbeitern und Partnern. Mediakraft Networks hat eine Verantwortung für seine Mitarbeiter und seine Vertragspartner. Wenn unsere Verträge nicht eingehalten werden, würden wir unsere Geschäftsgrundlage in verantwortungsloser Weise gefährden. Den Weg vor Gericht hat “Ungespielt” eingeschlagen. Nun sind wir als Unternehmen gezwungen, diesen Weg mitzugehen.
Mediakraft als führendes Multi Channel Netzwerk in Deutschland investiert viel in seine Partner. Das ist die Basis unseres Geschäfts. Doch es gelten Regeln, an die sich alle Beteiligten zu halten haben. “Ungespielt” hat in seinem Video Kritik an Mediakraft Networks geäußert. Wir nehmen diese Kritik sehr ernst. Wir arbeiten tagtäglich daran die vielen Services, die wir unseren Partnern bieten, auszubauen. Wir helfen unseren Partner, Reichweite aufzubauen, damit sie eine langfristige Perspektive als Online-Videomacher haben können. Wir unterstützen bei Produktion und Kreation von neuen Inhalten. Wir schützen die Inhalte unserer Partner und wahren ihre Rechte auf den verschiedenen Plattformen. Auch “Ungespielt” hat von diesen Leistungen profitiert.
Zahlreiche Partner bekunden ihre Zustimmung zu Mediakraft und bedanken sich für die Unterstützung, die sie in unserem Netzwerk erhalten haben. Wir haben vielen Künstlern dabei helfen können, ihren Weg auf YouTube zu gehen und sich als erfolgreiche Entertainer zu etablieren. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Wir stehen hinter unseren Partnern und werden sie weiter dabei unterstützen, mit ihrer Arbeit Millionen Zuschauer erreichen zu können.
Wir bedauern diesen Streit und hoffen auf ein schnelles, gütliches Ende.
Spartacus Olsson, CEO Mediakraft Networks
Die Antwort von Simon Unge ließ nicht lange auf sich warten: