Muß man eigentlich noch etwas gegen E-Books sagen? Müssen sie einem nicht womöglich leid tun, die albernen Dateien, die gern Bücher wären, es aber niemals sein dürfen? Ja, das muß man, und nein, das müssen sie nicht, sie sind ein Unfug, ein Beschiß und ein Niedergang.
Mit diesen Worten leitet Friedrich Forssman einen Beitrag im Suhrkamp Corporate Blog ein. Aufmerksam geworden bin ich darauf über einen Tweet von Björn Tantau:
Suhrkamp: eBooks “ein Unfug, ein Beschiß und ein Niedergang” [Update] http://t.co/ZniVyKSAvI via @hauptr #kopftisch
— Björn Tantau (@bjoerntantau) February 5, 2014
Eigentlich sollte man solchem Unsinn gar keine Aufmerksamkeit schenken, doch für mich zeigt es sehr eindrücklich die Einfältigkeit und Ignoranz einer untergehenden Industrie. So hat auch Johannes Haupt auf lesen.net kommentiert:
Die Fundamentalkritik wird dem Digital-Geschäft des insolventen Verlagshauses wohl wenig förderlich sein, auch in “Hipsterkreisen” (die ja gelegentlich durchaus zu einem Buch greifen sollen) wird sich Suhrkamp kaum Freunde machen. Natürlich kann man darüber diskutieren, in wieweit Friedrich Forssmann für den Berliner Verlag spricht. Fakt ist: Der Artikel wurde im Suhrkamp Blog publiziert, Forssmann stellt sich an vielen Stellen als Sprachrohr des Verlages dar […]
Das perfide am Text ist, dass durchaus berechtige Kritikpunkte an heutigen eBooks mit haltlosen Unterstellungen, wüsten Beschimpfungen und der Aufzeigung höchst zweifelhafter Zukunftsszenarien vermischt werden. Für einen Verlag, der sich in der Vergangenheit der Förderung neuer Ideen (beziehungsweise ihrer Vertreter) verschrieben hatte, ist das doch eine erschreckende Entwicklung.
Die Fakten sprechen eine deutliche Sprache
Auf geistreich78 haben wir selbst schon mehrfach über die Entwicklung des Marktes berichtet:
- eBook-Umsatz verdoppelt sich 2013
- Hardware: Erstmals mehr Tablets als Notebooks verkauft
- Verkäufe von E-Book-Lesegeräten steigen um 22 Prozent
- Ein Fünftel aller Bundesbürger liest elektronische Bücher
Hinweisen möchte ich noch auf die Beiträge von Excitingcommerce zum Buchhandel, wie etwa
Hier geht Jochen Krisch sehr gut auf die interessante Umsatzberechnung des Börsenvereins ein:
Jenseits von Gut und Böse ist inzwischen auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der kurz nach der drohenden Pleite von Weltbild (“Was wird aus Bücher.de und Hugendubel?”) mit einer Jubelmeldung sondersgleichen (“Starkes Jahr für den Buchhandel vor Ort”) an die Öffentlichkeit geht, ohne Weltbild und die möglichen Folgen für die Buchbranche auch nur zu erwähnen.
Stattdessen werden die Umsatzeinbrüche von -2,8% (2010), -3,0% (2011) und -3,7% (2012) zu einem “leichten Abwärtstrend der letzten Jahre” erklärt, der jetzt, nicht zuletzt durch die eigenartige großartige “Vorsicht, Buch!”-Kampagne des Börsenvereins gebannt sein soll.
Und dann lehnt sich der Verband noch ganz weit aus dem Fenster und postuliert auf Basis von nicht mehr als einer “ersten Tendenzaussage”, dass der stationäre Buchhandel 2013 – trotz Filialabbaus, etc. – sogar stärker gewachsen sein soll als das Online-Geschäft von Amazon & Co.
Zum Jahresende 2013 zeigt Matthias Hell die Trends für 2014 auf. Ich möchte nur die für diesen Post relevanten Punkte zitieren:
Amazon gibt den Ton an: Ob es um die Goodreads-Übernahme, den Print/E-Book-Bundling-Service Kindle MatchBook oder den Ausbau der eigenen Verlagsaktivitäten geht – mit einer Vielzahl von Initiativen trieb Amazon 2013 den Publishing-Wandel voran. Dafür dass das auch 2014 so bleiben dürfte, sprechen nicht zuletzt die ambitionierten Plattform-Projekte, die Amazon u.a. mit dem Kindle-Ökosystem und im Bildungsbereich verfolgt.
Buchmarkt: Fakten zu Amazon
Es ist mir gänzlich unverständlich wie man in der Betrachtung des Buch Marktes Amazon außen vor lassen kann, wie das der Börsenverein offenbar tut. Lesen Sie weiter unten noch Angaben zum Marktanteil (in den USA 90 %).
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista
- laut Bundesverband der Versandbuchhändler hatte Amazon 2012 einen Marktanteil von 74 Prozent des Gesamtmarktes
- Die Einnahmen des US-Konzerns betrugen 2012 1,6 Milliarden Euro
- Der Gesamtumsatz im deutschen Online-Buchhandel soll 2012 bei rund 2,15 Milliarden Euro gelegen haben
- Der Umsatz mit elektronischen Büchern habe bei 106 Millionen Euro (+ 125 Prozent) gelegen
- Nach Einschätzungen des Verbands lag der Marktanteil bei nur noch 6 Prozent, und auch Bücherclubs hätten einen Umsatz-Verlust von 10 Prozent hinnehmen müssen
Alle Angaben laut Meedia.de.
Matthias Hell zu einem weiteren Trend für 2014:
E-Strategien setzen sich durch: 2013 sickerten viele Vertriebsstrategien, die ursprünglich von E-Publishing-Startups entwickelt wurden, in den Massenmarkt durch: Etablierte Verlage publizierten neue Titel zuerst als E-Serials, experimentierten mit direkten Verkaufsstrategien oder boten vermehrt Print/Digital-Bundles an. Was man bei der Reaktion auf die E-Publishing-Trends vermisst, sind jedoch eigene Innovationen der Traditionsverlage.
Alle Gespräche die ich mit Experten aus dem Verlagswesen führe unterstützen diese These. Nicht nur, wie oben aufgezeigt wächst das Interesse der Leser an E-Books – auch die Herausgeber werden zunehmend (erfolgreiche) Strategien für diesen Markt entwickeln.
boersenblatt.net liefert hierzu ebenfalls Angaben:
Laut E-Book-Studie von GfK Panel Services Deutschland im Auftrag des Börsenvereins, hatten 2012 53 Prozent der Verlage E-Books im Programm (2010: 35 Prozent; 2011: 49 Prozent). Der durchschnittliche Umsatzanteil lag bei 9,5 Prozent (2011: 6,2 Prozent). Für 2013 erwarten die Verlage einen Anteil von 10,6 Prozent.
Bei den Novitäten wurden bei den befragten Verlagen 2012 bereits 54 Prozent der Bücher auch als E-Book produziert, bei der Backlist sind 29 Prozent.
Ihre E-Books vertrieben die Verlage 2012 zu 14 Prozent direkt, zu 72 Prozent über den Online-Buchhandel, zu 5 Prozent über Verleihmodelle und zu 8 Prozent über sonstige Vertriebsmöglichkeiten.
Entwicklung E-Books versus Buch
Hier noch ein paar Angaben zur Entwicklung der E-Books im Verhältnis zum Buch Markt: Bereits 2012 zeigte Statista den starke Zuwächse im elektronischen Buchmarkt.
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista
Auch wenn viele Deutsche dem E-Book nach wie vor skeptisch gegenüber stehen, nimmt der elektronische Büchermarkt auch hierzulande langsam Fahrt auf. Media Control erwartet in diesem Jahr rund 12 Millionen verkaufte E-Books. Der Vorjahreswert von 4,9 Million E-Books wurde bereits im ersten Halbjahr 2012 (4,6 Millionen) fast erreicht. Gründe dafür dürften neben der steigenden Verbreitung von Tablets und E-Readern vor allem sinkende Preise sein. Denn nicht nur die elektronischen Lesegeräte, sondern vor allem die digitalen Bücher selbst sind im vergangenen Jahr erschwinglicher geworden. Der Durchschnittspreis für E-Books in Deutschland sank laut Media Control im ersten Halbjahr von 10,23 Euro auf 8,64 Euro. Somit sind die elektronischen Bücher in vielen Fällen endlich günstiger als ihre gedruckten Verwandten.
Ein Jahr später, im Juni 2013, titelt Mathias Brandt dann bereits: eBooks überholen Print.
Während sich das eBook in Deutschland weiterhin schwer tut, gehen die Analysten von PricewaterhouseCoopers (PwC) davon aus, dass elektronische Bücher in den USA bald mehr Umsätze genieren werden als gedruckte Bücher und Hörbücher zusammen. Für das Jahr 2017 prognostizieren die Analysten in den Vereinigten Staaten eBook-Umsätze in Höhe von 8,2 Milliarden US-Dollar (Print + Hörbücher = 7,9 Milliarden US-Dollar). Zum Vergleich: für Deutschland geht PwC im Laufenden Jahr davon aus, dass sich der Umsatz mit Belletristik-eBooks auf gerade einmal 250 Millionen Euro belaufen wird.
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista
In einem Zeit Artikel finden sich noch weitere Angaben zum amerikanischen Markt:
- Seit Jahresbeginn [2013] pendelt der Anteil elektronischer Bücher am Gesamtmarkt um die 25 Prozent.
- Bei anspruchsvoller Literatur, Autobiografien, Sachbüchern und Werken zum Zeitgeschehen liegt der digitale Anteil bei 25 bis 30 Prozent.
- Die Leser von Science-Fiction-, Fantasy- und Groschenromanen sind dagegen preissensibler und greifen entsprechend bis zu 50 Prozent häufiger zum E-Book.
- Bis zum Jahr 2010 diktierte Amazon mit rund 90 Prozent Marktanteil die Preise und setzte 9,99 Dollar auch für neue Bestseller fest.