Interview Thomas Goletz: Magento Association und Magento Zukunft

von Stefan Hoffmeister
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Auf der diesjährigen Meet Magento, in Leipzig, sprachen Thomas Fleck und Thomas Goletz auch über die Gründung der Meet Magento Association. Sie soll als gemeinnütziger Verein nicht nur weiterhin die Internationalisierung der Meet Magento Events voran treiben, sondern auch die Lokalisierung der Magento Versionen, aber auch für Support für die Community und Stimme der User gegenüber dem Unternehmen Magento sein.

Jochen Fuchs bezeichnete sie auf t3n gar als Sicherheitsnetz für Magento:

Sollte Magento verkauft werden und auf dem „Abstellgleis“ landen oder sich ungünstige beim neuen Eigner entwickeln, kann der Verband dem Magento-Ökosystem Sicherheit und ein neues Zuhause bieten. Auch wenn es niemand laut ausspricht oder andeutet – das Wort „Fork“ hängt trotzdem als Worst-Case-Szenario spürbar in der Luft.

Der Verkauf von eBay Enterprise ist ja mittlerweile erfolgt, aber dazu am Ende mehr.

Grund genug Thomas Goletz einige Fragen zur Magento Association zu stellen:

Thomas Goletz zur Meet Magento Association

Hallo Thomas, die Meet Magento Association soll unabhängig und gemeinnützig sein. Die Lokalisierung der Magento Editionen, Ansprechpartner und Helfer für die Community soll sie von Anfang an eine Vielzahl an Aufgaben übernehmen. Wie werden diese bewältigt? Habt ihr da ein eigenes Mitarbeiterteam oder hat die Association selbst bereits Angestellte?

Thomas Goletz: Auf den ersten Blick ist das gar nicht so einfach zu beantworten. Meet Magento als Konferenz wird durch die Organisatoren in den verschiedenen Ländern getragen und von einer Vielzahl von Leuten und Unternehmen unterstützt. Diese Events können ohne diesen Support nicht stattfinden. Als Initiator stand bisher die Netresearch App Factory hinter den Konferenzen. Das gilt auch für die lokalisierten Editionen, die durch die App Factory koordiniert und auch finanziert wurden. Wir haben das immer als Engagement für die User und das gesamte Ecosystem gesehen. Dazu kommt eine gewisse Nähe zu den verschiedenen Magento-Teams in den USA und der Ukraine. In den letzten beiden Jahren sind so viele Initiativen zusammengekommen, die auch -auf unterschiedlichen Ebenen-  durch Magento-Nutzer, Agenturen oder Dienstleistern begleitet oder übernommen wurden. Wir haben schon Anfang 2014 gemerkt, dass die Netresearch App Factory nicht mehr der geeignete Rahmen dafür ist, um die Ideen, Initiativen und Aufgaben zu betreuen und zu entwickeln. Die Association wird dem weltweiten und lokalen Ecosystemen im Magento-Umfeld genau das geben, was sie brauchen: Die herstellerunabhängige Plattform, um mit Hilfe von Magento guten eCommerce zu machen.

Die aktuell anstehenden Aufgaben, die bisher durch die Netresearch App Factory und andere Unternehmen wahrgenommen wurden, hat nun die Association übernommen. Dafür ist ein Teil des bisherigen Teams in die Association gewechselt, wir werden dort aber auch bald neue Gesichter sehen.

Screenshot Meet Magento Webseite.  Abgerufen 17. August

Screenshot Meet Magento Webseite. Abgerufen 17. August. Zum Vergrößern anklicken

Woher kommen die Einnahmen, um diese Organisation aufbauen zu können? Handelt es sich hier nur um die Einnahmen über die Konferenzen oder habt ihr noch andere Einnahmequellen?

Thomas Goletz: Die Einnahmequellen der Association sind primär Mitgliederbeiträge und Spenden von Fördermitgliedern.  Wir starten aktuell mit einer Basismitglieschaft von nur €100 jährlich, planen hier aber auch noch weitere Mitgliedstypen mit entsprechend mehr Leistung.

Desweiteren können uns Magento Agenturen und E-Commerce-Dienstleister als offizielle Partner der Association unterstützen. Als Gegenleistung erhalten Sie einen exklusiven Zugang zu unseren Mitgliedern und diverse Marketing-Leistungen.

Die Events generieren keine Gewinne. Dafür waren und sind sie nicht angelegt. Sie leben von den aktiven Beiträgen der Teilnehmer und von den Experten, die hier ihr Wissen teilen. Wir diskutieren derzeit mit unseren Organisatoren, wie wir die Events so weiterentwickeln, dass sie den nationalen Bereichen der Association eine weitere Einnahmemöglichkeit eröffnen. Auch die lokalisierten Editionen folgen diesem marktbezogenen Ansatz. Insgesamt sind die Veranstaltungen und die lokalisierten Editionen eine hervorragende Möglichkeit, sich in den einzelnen Märkten zu präsentieren und sie auch zu verstehen.

Sieht die Meet Magento Association ihren Fokus vorwiegend im deutschsprachigen Raum oder in ganz Europa, sogar weltweit? Die Meet Magento veranstaltet ihr ja mittlerweile in 30 Ländern.

Thomas Goletz: Die Association ist ein eingetragener Verein in Deutschland und wir starten auch hier, ganz einfach weil es unser Heimatmarkt ist und auch die Meet Magento Veranstaltung von hier aus ihren weltweiten Siegeszug angetreten hat. Genauso wie die Veranstaltung wird sich die Association im internationalen Umfeld etablieren. Wir haben hier auch schon viele interessierte Partner, die die Leitung des Vereins in ihrem Land übernehmen möchten. In 2015 konzentrieren wir uns erst mal darauf unser Angebot in Deutschland an den Start zu bringen. 2016 gibt es dann die Ausweitung auf Europa.

Die weltweite Magento Community

Ihr treibt die Community Entwicklung aus Deutschland seit Jahren sehr stark voran. Beobachtet ihr denn ähnliches Engagement aus der Entwicklergemeinde auch in anderen Ländern, bzw. E-Commerce Märkten? Wie z.B. direkt in den Vereinigten Staaten oder England?

Thomas Goletz: Community ist vermutlich nicht das richtige Wort. Meet Magento hilft bei der Entwicklung der Magento-Ecosysteme. Es weckt Interesse und Begeisterung für Magento, bringt Kunden und Dienstleister zusammen, verbindet Entwickler und ist generell eine Plattform, für alle die sich mit E-Commerce und Magento befassen.  Weil der Austausch so wichtig ist, stellen wir das Motto “Contributing & Sharing” für unsere Aktivtäten oben an.  Am Beispiel der Entwicklung der Magento-Märkte wie z.B.  in Deutschland, Italien, Spanien oder Brasilien kann man das sehr gut erkennen.  So haben wir im Jahr 2012 zum ersten Mal in Brasilien eine Meet Magento veranstaltet. Erste Events sind immer eine Herausforderung  und so war es auch hier. Mit sehr viel Arbeit haben wir eine Hand voll Sponsoren und ca. 200 Teilnehmer zusammen bekommen. Es war nicht so einfach, weil es eine Form der Magento Community wie wir sie in Deutschland kennen in Brasilien noch nicht gab. Dies hat sich jetzt in den letzten Jahren mit Hilfe unserer Veranstaltung verändert. Das Ecosystem in Brasilien sieht heute vollkommen anders aus als 2012. Hohe Dynamik, gute Geschäfte, reger Austausch, und eines der Magento-Vorzeigeprojekte, das auf der Imagine vorgestellt wurde, kommt aus Brasilien. Sie haben auf der Konferenz 2012 Magento kennengelernt und den richtigen Partner gefunden. Heute sind sie ein extrem erfolgreicher Onlinehändler – und eine Magento-Referenz. Und so können wir das auch in anderen Ländern beobachten: Unsere Veranstaltung hilft der Community sich zusammen zu finden und sich gemeinsam zu engagieren – dass macht uns Stolz und ist auch genau dass, was wir erreichen möchten.

E-Commerce Entwicklungen im Shoptech Bereich

Kommen wir allgemeiner zu Trends im Shoptech Bereich. Aktuell sehe ich neben einem Aufwärtstrend im Low Entry Sektor, mit Firmen wie SEOshop oder Prestashop, viele Diskussionen um Frameworks für die Big Player, wie etwa das Thema Spryker von Alexander Graf. Sehen wir in Zukunft eine immer stärkere Zielgruppenfokussierung der E-Commerce Software Anbieter? Welche Tendenzen beobachtest du hier?

Thomas Goletz: Der Low-Entry Sektor wird aus unserer Sicht erheblich anspruchsvoller und professioneller als er noch vor zwei Jahren war. Wir sehen dies auch an der Nachfrage nach preiswerten Lösungen, die ein schnellen und einfachen Start in den Onlinehandel ermöglichen – bei Jahresbudgets unter €5.000 für Betrieb und Einrichtung des Systems. Solche Kunden können von Agenturen oder Systemintegratoren nur schwer bedient werden. Die vermeintlichen “all inclusive”-Angebote großer Hoster helfen diesen Kunden auch nicht weiter, sondern hinterlassen am Ende Ratlosigkeit und Misserfolg. In den USA gibt es dafür Angebote, in Europa haben die amerikanischen Firmen einen schweren Stand, da Lokalisierung und lokaler Support für die verschiedenen Länder nur schwer zu realisieren sind. Aus unserer Sicht fehlt ein europäischer Anbieter, der für überschaubare monatliche Kosten im Low Entry Sektor den Stand der Technik im europäischen Maßstab anbietet.

Eine weitere Entwicklung, die wir seit 2-3 Jahren verfolgen, ist die Integration der E-Commerce-Lösungen in die bestehenden ERP-Systeme und das Supply Chain Management. Die genannten Frameworks wollen und sollen hier Antworten bieten. Integration und Durchgängigkeit von Prozessen und Datenströmen stehen bei vielen Anwendern auf der Agenda oben. XML-Datei-Transfer werden als Kommunikationstechnologie oft nicht mehr reichen.

Generell erinnert uns die aktuelle Entwicklung im Shoptech-Bereich an die Entwicklung der ERP-Industrie vor 20 Jahren. Anbieter spezialisieren sich auf bestimmte Branchen oder Kundengrößen. Es gibt Konsolidierungen, aber keine wirklichen Technologiesprünge mehr. Die Kunden werden mündiger, es gibt mehr Wissen und Halbwissen bei den Anwendern.  Insgesamt eine spannenden Zeit, weil nicht mehr das Technologieversprechen der Anbieter, sondern das Geschäftsmodell der Kunden im Vordergrund steht.

Thomas Goletz, als Sprecher auf der Meet Magento

Thomas Goletz, als Sprecher auf der Meet Magento

Als Erfolgsformel für Onlinehändler werden gerade zwei Aspekte genannt. Storytelling / Content Marketing, worauf z.B. Shopware mit seiner neuen Version 5 abzielt. Und personalisiertes Shopping, wie das etwa AboutYou und neuerdings Zalando forcieren.

Lassen sich solche Ansätze auch mit Magento umsetzen, bzw. kennst du erfolgreiche Magento Shops, die du hier als Trendsetter siehst?

Thomas Goletz: Wir werden in 12 Monaten die nächsten beiden Aspekte lesen, die dann sehr wichtig sind.  Storytelling oder personalisiertes Einkaufen waren für viele Einzelhändler auch im Jahr 1990 wichtig und wurden auf vielfältige Weise realisiert. Warum soll das heute anders sein. Jeder, der verkaufen will, muss sich überlegen, wie er seine Kunden gewinnt und betreut. Magento wäre nicht so erfolgreich, wenn es Händler bei der Umsetzung ihrer Verkaufsstrategien nicht unterstützen würde. Genau da liegt eine der Stärken der Magento-Plattform. Hochflexibel, offen für jegliche Art der Implementierung von Geschäftsprozessen, keine starren Vorgaben von Prozessen und Methodik. Es gibt eine unglaubliche Vielfalt von Geschäftsmodellen und -prozessen, die mit Magento realisiert wurden. Bei mehr als 240.000 aktiven Installationen ist das auch kein Wunder.

Die Zukunft von Magento nach dem Verkauf von ebay Enterprise

Wie steht ihr zum Verkauf von ebay enterpise an Sterling Partners, Longview Asset Management & Innotrac? Was bedeutet das für die Magento Community und die Zukunft von Magento selbst?

Thomas Goletz: Für die Community selbst wird sich zeitnah erst einmal nicht viel ändern. Der Zeitplan von Magento 2.0 wurde bisher strikt eingehalten, also wird Magento 2.0 auch im Herbst offiziell für alle Händler verfügbar sein. Bei Magento und ebay enterprise wird es sicherlich in Kürze einige Personalwechsel in den Führungsebenen geben. Der neue Eigentümer ist ein Investor, der eingekaufte Firmen üblicherweise innerhalb von 1-3 Jahren optimiert und dann für einen höheren Wert weiterverkauft. Vielleicht wird Magento dann wieder als einzelnes Unternehmen aufgestellt. Insgesamt wird sich der Verkauf für Magento wahrscheinlich positiv auswirken.

Vielen Dank für das freundliche und aufschlussreiche Gespräch.

Sehen Sie hier das Video zur Meet Magento Keynote mit Thomas Fleck & Thomas Goletz:

https://www.youtube.com/watch?v=G45fvcJHEyQ

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