Jung von Matt: Erfolgreiches virales Video Marketing am laufenden Band

von Stefan Hoffmeister
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Virales Video Marketing hat sich längst zum Internetphänomen entwickelt. Entsprechende Werbespots erzielen auf YouTube Views in zweistelliger Millionenhöhe, wie unsere regelmäßigen Rankings zeigen, und werden vor allem auf Facebook millionenfach geliked und geshared. Als Großmeister des Fachs hat sich die Hamburger Werbeagentur Jung von Matt entwickelt.

Erfolgsfaktoren einer viralen Video Kampagne

Entscheidend für den Erfolg einer viralen Werbekampagne sind meiner Meinung nach andere Faktoren, wie in der klassischen TV Werbung. Das richtige Timing muss gefunden, der Nerv der Zielgruppe getroffen, die Werbung dezent im Hintergrund gehalten und vor allem großer Unterhaltungswert geboten werden. Social Media Strategien von drei Unternehmen, die allesamt mit Werbespots sehr erfolgreich sind habe ich hier beschrieben.

Julia Löhr gibt an, dass der Chefkreative Jean-Remy von Matt vor allem auf die Meinung seiner Söhne, 18 und 19 Jahre alt, setzen würde, um im Vorhinein die Wirkung eines Video Clips zu testen.

Wir haben bei den Hamburgern nachgefragt, ob nicht doch noch andere Mittel und Wege zur punktgenauen Zielgruppenansprache eingesetzt werden…

Philipp Barth, Creative Director bei Jung von Matt

Zunächst möchte ich noch kurz auf das eingehen, was du eingangs gesagt hast, Stefan. Ich glaube nicht, daß es für ein Online-Video völlig andere Erfolgsfaktoren gibt wie für einen TV-Spot. Ob auf YouTube oder im Fernsehen: Wenn der Film nicht unterhält und die Zielgruppe nicht anspricht, wird er auch nicht funktionieren. Wir suchen deshalb immer eine Idee, die funktioniert wie das trojanische Pferd. Sie kommt als schönes Geschenk daher, ist aber im Kern auf Eroberung aus. Nette Verpackung, aber mit einer klaren Werbebotschaft.

Ein Beispiel für dieses Prinzip ist unser Trojanisches Mailing für DHL. Das Video wurde allein auf YouTube in wenigen Tagen über vier Millionen Mal angeklickt und über 2.400 Mal kommentiert. Weltweit haben Medien darüber berichtet. Angefangen von Pro Sieben und Sat.1 über das Wirtschaftsmagazin Forbes bis hin zu Washington Post. (Anm. d. Red.: Aktuell hat das Video 5.370.844 Views auf YouTube)

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Zu deiner Frage: Wenn man vorab testen will, wie ein Video bei der Zielgruppe ankommt, kann einem die Marktforschung zumindest ein paar Hinweise geben. Repräsentativ ausgewählte Leute aus der Zielgruppe schauen sich das Video an und sagen dann, was sie davon halten. Aus den Antworten kann man Verbesserungsvorschläge ableiten. Man sollte aber nicht einfach sei Hirn ausschalten und sagen: Wir machen es genauso, wie die Leute im Test es haben wollen. Dann hätte man in den meisten Fällen einen schlimmen Weichspüleffekt. Alle Ecken und Kanten, die den Spot ausmachen, werden abgeschliffen. So lange, bis der Spot bei keinem mehr aneckt – und damit langweilig ist. Solche Spots sieht man leider noch viel zu oft in Fernsehen. Tut keinem weh, interessiert aber auch keinen.

Marktforschung ist gut, um Hinweise auf Dinge zu sammeln, die man vorher so nicht gesehen hat. Aber am Ende muss man selbst entscheiden, woran man glaubt. Werbung ist keine Mathematik. Wir Deutschen wollen am liebsten alles rational berechnen und nach allen Seiten absichern. Aber so entsteht kein herausragender Spot. Dazu braucht man eine starke Idee, die berührt, eine perfekte Umsetzung und auch ein bisschen Mut. Man kann es nicht jedem recht machen. Und das sollte man auch gar nicht erst versuchen.

In dem bereits oben zitierten Artikel, von Julia Löhr, ist in der FAZ zu lesen: “Oft finanzieren die Kreativen die Experimente abseits der ausgetretenen Marketingpfade zunächst aus der eigenen Kasse. Dass sie das Geld von ihren Kunden später zurückbekommen, ist nicht gesagt, von einer Rendite ganz zu schweigen. „Man muss nicht immer gleich den Taxameter anwerfen“, sagt von Matt.”

Geht ihr immer noch viel nach dem Try & Error Prinzip vor oder habt ihr mittlerweile die Erfolgsformel gefunden?

Philipp Barth: Meiner Erfahrung nach ist es die absolute Ausnahme, dass eine Agentur eine Arbeit vorfinanziert. Das kann der Fall sein, wenn man felsenfest von der durchschlagenden Wirkung einer Idee überzeugt ist. Klar wollen wir neue Wege gehen und dabei auch mal etwas ausprobieren, das stimmt. Aber “Try & Error Prinzip” würde ich das nicht nennen. Filme sind teuer und aufwändig. Da kann man es sich nicht erlauben, ein Video zu produzieren und es damit auf gut Glück zu versuchen. Eine Erfolgsformel gibt es dabei nicht. Aber man kann sich fragen: Würde ich diesen Film selbst teilen? Ist der Film so gut, dass ich es kaum erwarten kann, ihn meinen Freunden zu zeigen? Wenn man solche Fragen nicht spontan mit “Ja!” beantwortet, sollte man es sich mit dem Dreh vielleicht noch einmal überlegen.

Copyright: geistreich78 Stefan Hoffmeister

Benjamin bei Bits & Pretzels, dem größten Gründerfrühstück der Welt. Copyright: geistreich78 Stefan Hoffmeister

Benjamin Günther, von Stylight, hat jüngst von verschiedenem Testing berichtet, bis man sich für den endgültigen Werbespot entschieden hat. Ist so etwas denn bei einem Viral überhaupt möglich? Ergänzend wies er auf die Schwierigkeiten der Erfolgsmessung hin. Könnt ihr hier Angaben zur Vorgehensweise machen?

Philipp Barth: Sicher kann man ein Video so lange testen, bis alle zufrieden sind. Aber wie schon gesagt: Dabei besteht die Gefahr, dass die Idee weichgespült wird. Wir versuchen, das zu vermeiden. Unser Job ist es, die Idee so klar, pur und unterhaltsam wie möglich herauszuarbeiten und sicher ins Ziel zu bringen.

Bei der Erfolgsmessung hat man online ganz gute Karten. Man kann sich zum Beispiel ansehen, in welchen Ländern das Video wie oft angeklickt wurde. Man erfährt auch, wie viele Zuschauer den Film zu Ende geschaut haben. Es gibt eine ganze Reihe von Informationen. In schönem Fachchinesisch: Click-to-Play-Rates, Click-Through-Rates, View-Through-Rates und so weiter.

Neben den Klickraten finde ich vor allem die Kommentare, Likes und Dislikes interessant. Und wie viele Leute das Video geteilt bzw. eingebunden haben. Die Klickrate sagt nur, wie oft der Film angeklickt wurde. Anklicken ist gut, sich damit auseinander setzen ist besser. Viele Kommentare weisen darauf hin, dass das Video beim Betrachter etwas ausgelöst hat. Und genau das wollen wir! Wir wollen, dass das Video den Zuschauer berührt. Wir wollen, dass der Film und seine Botschaft im Kopf hängen bleiben. Wenn die Mehrzahl der Kommentare dann noch positiv sind – wunderbar.

Wie groß ist der Anteil an einem fertigen Videoclip vom Auftraggeber und was bringt die Werbeagentur mit ein? Bzw. wie sieht hier die Zusammenarbeit aus?

Philipp Barth: Der Kunde möchte etwas erreichen und geht zu einer Agentur, damit sie ihm die entscheidende Kommunikationsidee dazu liefert. Das ist die Kernkompetenz der Kreativen. Aber bevor die Kreativen loslegen, arbeitet erst einmal ein anderer: ein strategischer Planer. Der Planer analysiert den Markt und den Wettbewerb. Dann legt er die schlaueste Marschrichtung fest. In diesem Prozess entsteht dann auch die Werbebotschaft. Der Kreative muss wissen, was er mit dem Film aussagen soll. Oft wird die Botschaft auch zusammen mit dem Kunden erarbeitet. In der Regel kommt die Grundidee von der Agentur und wird dann gemeinsam mit dem Kunden im Detail finalisiert.

Auftraggeber wie z.B. SIXT sind dafür bekannt, dass sie in der Displaywerbung aktuelle Ereignisse aufgreifen. Die Erstellung eines Werbevideos wird sicherlich länger brauchen. Von welchem Zeitraum muss von der Idee bis zur fertigen Umsetzung ausgegangen werden?

Philipp Barth Creative Director Jung von MattPhilipp Barth: Das kann schneller gehen, als man denkt. Für die BILD Zeitung haben wir schon Spots innerhalb von sieben Stunden realisiert. Natürlich kann man in so kurzer Zeit kein cineastisches Meisterwerk abliefern. Dazu braucht man dann schon etwas mehr Zeit. An einem aufwändigen Automobilspot etwa kann man schon ein paar Monate schrauben.

Damit sich ein Spot zu einem echten Viral entwickelt, muss dessen Verbreitung zu Beginn durch entsprechendes Marketing, Blogger und Influencer Relations angeschoben werden. Wie kann man sich diese Phase vorstellen? Werdet ihr dort weiter selbst aktiv oder arbeitet ihr mit anderen Dienstleister zusammen? In der jüngsten Vergangenheit gab es ja mehrere Auszeichnungen für Jung von Matt im Bereich “Online / Digitales Marketing”.

Philipp Barth: Wir arbeiten in dieser Phase auch mit externen Dienstleistern zusammen. Manches machen wir selbst, manches geben wir ab. Je nach Anforderung. Man kann Videos ein bisschen anschieben, damit der Start leichter fällt. Zum Beispiel, indem man Blogger darauf aufmerksam macht, die Presse informiert und die Social Media Kanäle des Kunden nutzt. Aber nach dieser kleinen Anschubhilfe muss sich das Video aus eigener Kraft weiterverbreiten. Das ist dann die Stunde der Wahrheit. Gewissheit, dass ein Video ein viraler Hit wird, gibt es nie.

Vielen Dank für das freundliche Gespräch!

Philipp Barth: Danke, hat Spaß gemacht.

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