Nachruf zu Gert von Paczensky – Journalisten wie sie unser Land braucht

von Stefan Hoffmeister
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Anfang August ist einer der Gründer des NDR-Politmagazins “Panorama”, kurz vor seinem 89. Geburtstag, gestorben: Gert von Paczensky. Ein Nachruf.

Medialer Pionier der 60er Jahre

In der beschaulichen Zeit des Wirtschaftswunders, nach den schweren Jahren der Wiederaufbauzeit, war es Gert von Paczensky der, nach dem Vorbild der gleichnamigen britischen BBC Sendung, das erste kritische Politmagazin ins deutsche Fernsehen brachte. Beim Norddeutschen Rundfunk hatte er ab 1960 zusammen mit Rüdiger Proske die Sendung entwickelt.

Paczensky war mit verantwortlich für die Berichterstattung über Franz Josef Strauß im Zusammenhang mit der “Fibag-Affäre” und der “Spiegel-Affäre”, aber auch vor Geburtenkontrolle, Luftschutzmaßnahmen und Vertriebenenfunktionären macht er nicht halt. Die Diskussionen eskalierten derart, dass Gert von Paczenskys Vertrag auf Druck des NDR-Verwaltungsrates, in dem die CDU die Mehrheit hatte, nicht verlängert wurde. Paczensky wurde als ein „gefährlicher Linksintellektueller“ verteufelt, seine Beiträge als „unkorrekt und tendenziös“ kritisiert. Die Schaffung des politischen Magazinjournalismus war ihm aber gelungen und Panaroma war regelmäßig Ursprung von Kontroversen. Ein Überblick über die Geschichte von Panorama findet sich hier: http://daserste.ndr.de/panorama/geschichte/index.html

NDR Intendant Lutz Marmor wird auf der Panorama Webseite zitiert: “Was heute selbstverständlich ist, fanden damals noch viele Menschen unerhört: Mit Panorama trat ein Fernsehmagazin den Mächtigen auf die Füße.” Sein bekanntester Satz wird wohl für immer unvergessen bleiben:

“Nun wollen wir uns noch ein wenig mit der Bundesregierung anlegen.”

Hier der Panorama Nachruf aus der letzten Ausgabe:

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Zur Person

Gert von Paczensky wurde am 21. August 1925 in Hausneindorf in Sachsen-Anhalt geboren. Nach Schulbesuch in Berlin und Sprottau und Kriegs-Reifezeugnis in Liegnitz war P. von 1942 bis 1945 als Soldat bei der Luftnachrichtentruppe.
Zum Journalismus fand er 1946 als Reporter der Deutschen Allgemeinen Nachrichtenagentur in Stuttgart. Im Jahr darauf ging er zur Tageszeitung „Welt“, für die er u.a. als Korrespondent in London und Paris und als Ressortchef „Außenpolitik“ wirkte.
Er war von 1947 bis 1969 mit der Journalistin Susanne von Paczensky (geborene Czapski) verheiratet, mit der er zwei Kinder bekam. Seit 1975 war er mit der Schriftstellerin Anna Dünnebier verheiratet, mit der er seit 1989 in Köln lebte. Seine Beisetzung in einem Urnengrab auf dem Melaten-Friedhof erfolgt am 21. August.

Mit Material des Kölner Stadt Anzeiger.

Was der heutige Journalimus braucht

Vielleicht fragt sich der ein oder andere Leser an dieser Stelle, warum ich über das Leben und den Tod von Gert von Paczensky berichte. Was hat das Ganze mit eCommerce und Social Media zu tun? Nun, in meinem Blog geht es immer wieder auch um die Medien, deren Entwicklung, Meinungsbildung. Aber auch um die Menschen die unsere Zeit bewegen. Bio-Pics zu Steve Jobs oder Jeff Bezos gehören permanent zu den am meisten gelesenen Artikeln. Mich interessieren Menschen – was wir aus ihrem Leben lernen können. Das heißt nicht, dass ich alles gut heiße, was sie tun oder jede ihrer Aussagen unterstreichen würde. Aber im Miteinander, in der Auseinandersetzung mit Menschen können wir reifen. Das ist das Eine.

Das Andere ist, dass nach meiner persönlichen Wahrnehmung der Journalismus an echten Köpfen leidet. Wo gibt es in Deutschland überhaupt noch investigativen Journalismus? Und damit meine ich nicht, ein paar Dokumente, die eh jeder schon kennt, ins Internet zu stellen. Sondern wirkliche Missstände aufzudecken. Über das zu Schreiben und zu Berichten, was niemand anfassen möchte. Wo sind Personen, denen es nicht um das eigene Ansehen geht? Die bereit sind zu ihrer eigenen Meinung zu stehen, auch wenn es sie die Anstellung kosten kann?

Unter investigativem Journalismus verstehe ich aber auch, unvoreingenommen an eine Sache heran zu gehen. Nicht, bereits ein fertiges Konstrukt in der eigenen Gedankenwelt gezimmert zu haben und sich dann nur noch Halbwahrheiten, Behauptungen und Gerüchte so zusammen basteln, dass sie das eigene Weltbild widerspiegeln. Sollen ein paar Fetzen, gefilmt mit versteckter Kamera, die Wahrheit wiedergeben?

Ich wünsche mir echte Köpfe mit echten Meinungen. Ich wünsche mir Meinungsbildung und -mache, die nicht quotengetrieben, aufmerksamkeitsheischend und sensationsgierig ist, sondern sachlich, sauber recherchiert und auf stichhaltigen Quellen basiert.

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